Dieses Audio wurde gesprochen von: Andi

KAPITEL 12

Die große Frage Liebe

 

Neben den eher plumpen Flirtversuchen mancher Bürger Wiens gab es auch taktvollere Versuche, eine Beziehung mit mir aufzubauen. 

Ich lernte den Verehrer bereits zu Beginn meiner Arbeit als Redakteurin kennen, indem ich ihn fragte, ob er sich selber kenne. Natürlich nicht wortwörtlich. Ich fragte, ob er einen gewissen Herrn soundso kenne. Er sagte ja, drehte sich um, ging ein paar Schritte, kam zurück und meinte: “Guten Tag, ich bin Herr soundso, wie kann ich Ihnen helfen?”

Damals schenkte er mir eine kleine Topfpflanze, die nun in meinem alten Campingwagen aufgrund mysteriöser Trockenperioden regelmäßig ums Überleben kämpft.

Wir hatten lange keinen Kontakt mehr miteinander, außer hie und da mal bei einem Einsatz, da er bei der Berufsfeuerwehr arbeitete. Aber dann liefen wir uns wieder über den Weg, und er schrieb mir kleine romantische Nachrichten, die nah an der Grenze zum kitschigen schrammten. Aber ich mag “kitschig”.

Trotzdem war ich mir nicht sicher, was ich davon halten sollte. Hatte ich Lust, ihn näher kennenzulernen? Wollte ich mich auf dieses Risiko überhaupt einlassen? Was war mit Hansen? Der hatte zwar nie Andeutungen in diese Richtung gemacht, dennoch konnte ich mir vorstellen, dass aus uns mehr geworden wäre, hätte er gefragt.

Was wollte ich eigentlich? Beruflich stand ich fest im Leben. Doch was war mit all dem anderen? Mit Liebe und Familie?

 

In Wien Mitte schenkte mir der Verehrer aus dem Nichts eine Rose – ohne groß etwas dazu zu sagen. Darum blieb ich auch einfach stumm.

Ein anderes Mal überreichte er mir einen Brief mit Chilischoten. Ich nahm an, dass es symbolisch so etwas wie “Du bist scharf” bedeuten sollte. 

Bei keinem anderen Thema war ich so überfordert mit dem, was ich sagen und wie ich mich verhalten sollte, wie bei dem Thema Liebe. Irgendwann verlief sich die Geschichtte mit dem Verehrer im Sand. Ich war froh darüber, so blieb es mir erspart, ihn mit einem Korb verletzen zu müssen, hätte er mich konkret gefragt. Ohne Frage war er ein sympathischer Kerl. Aber mehr konnte und wollte ich nicht in ihm sehen.