Dieses Audio wurde gesprochen von: Vivi
KAPITEL 17
Kannst du dir nicht ausdenken
Endlich gab es Neuigkeiten im Fall Mordauftrag durch meinen Chef. Allerdings nicht von der Polizei und nicht so, wie ich erwartet hätte. Denn tatsächlich handelte es sich wohl um ein riesengroßes Missverständnis, hervorgerufen durch das denkbar schlechteste Timing der Welt.
Wir, das heißt mein Chef und ich, kamen eher zufällig darauf. Wie auch sonst, freiwillig hätte ich das Thema niemals angesprochen. Wer erzählt schon seinem Chef nebenbei, dass er ihn wegen Mordverdachts bei der Polizei gemeldet hatte?
Es ging um die Rechnung, die er “noch abschließen musste”, mit den schwarzen Hyänen. Mein Chef erwähnte, dass es sich dabei um einen uralten, gesponserten Artikel handelte, der zwar in Auftrag gegeben und geliefert worden war, jedoch nie von der betroffenen Partei bezahlt wurde. Im ersten Moment wollte ich es nicht glauben, also schaute ich selbst im Archiv nach. Tatsächlich, ganz weit hinten, völlig unscheinbar, stand es schwarz auf weiß. Der gesponserte Artikel war eingetragen. Und ich hatte nichts davon gewusst. Was wusste ich noch nicht? Das Telefonat. Ich fragte meinen Chef danach. Es sei um anonyme Hinweise auf eine neue Story gegangen, erklärte er. Worum es genau ging, wollte er nicht sagen, aber das war nicht ungewöhnlich. Anonyme Tippgeber behandelte mein Chef immer höchst diskret.
Die Zweifel, die mich die letzten Tage so verunsichert hatten, schienen sich tatsächlich zu bestätigen. War mein Chef doch unschuldig? Das ganze Kartenhauskonstrukt an Vermutungen, halbbelegten Beweisen und logischen Rückschlüssen fiel immer weiter zusammen.
Ich wollte die Ungewissheit nicht länger tragen, und so fragte ich, trotz des möglichen Risikos, gerade heraus: “Und was war mit dem Unfall und dem Motorrad? Der Exmitarbeiter hat mich angerufen, ich weiß, dass du ihn gerammt hast.” Mein Chef wirkte überrascht, jedoch nicht ertappt. “Mensch Rebekka, das war ein Unfall! Ja, ich habe ihn ausversehen geschrammt, aber er ist direkt davon gefahren und ich hatte da noch nicht einmal erkannt, dass er es gewesen war mit dem dunklen Helmvisier.”
Für einen kurzen Moment war ich wie erstarrt. Konnte das wirklich sein? Konnte ich mich wirklich so geirrt haben? Es hatte alles so logisch gepasst. Das Motiv, der Unfall, der Versuch, diesen zu vertuschen, die Rechnung, das geheime Telefonat. Waren das alles harmlose Zufälle?
Es half nichts, ich musste meinen Chef direkt fragen, denn diese Ungewissheit mochte ich nicht mehr ertragen. Er war ziemlich entsetzt, dass ich so etwas von ihm dachte. Ein bisschen konnte er es nachvollziehen, aber ich glaube, er war schon extrem enttäuscht von mir. Auch wenn er mich nicht kündigte, unser gegenseitiges Vertrauen hatte gehörig unter diesem Vorfall gelitten. Die Ermittlungen der Polizei wurden ebenfalls eingestellt, da es auch so keine weiteren Anhaltspunkte gab und inzwischen war der Exmitarbeiter in eine andere Stadt gezogen und die Wut meines Chefs verraucht.