Dieses Audio wurde gesprochen von: Andi
KAPITEL 18
Sport ist Mord
Dank der Katze und der Lilie bekam ich Kontakt zu einer Sportgruppe. Dort waren auch die Geschwister der Unfallkönigin schlechthin, die inzwischen jedoch nicht mehr in Wien wohnt. Auf jeden Fall standen die beiden ihrer großen Schwester in nichts nach, wobei auch die anderen häufig mit Blessuren ankamen. Ausflüge zum Autodrom endeten grundsätzlich in einem Massenanfall an Verletzten.
Im Herbst starteten wir eine größere Wanderung zu zehnt. Wir hatten Zelte und Proviant dabei, um in zwei Tagen den Schneeberg zu erklimmen. Während wir am Fluss entlang liefen, unterhielten wir uns über Computerspiele und Lieder aus unserer Kindheit. Es war eine gute Stimmung, nur unterbrochen durch die berechtigte Skepsis, als unser Führer meinte: “Ich kenn da eine Abkürzung”. Die Abkürzung, die sage und schreibe 15 m Fußweg ersparte, war ziemlich steil und hätte beinahe die ersten Opfer gefordert. Doch alles ging glatt. Bis ich in Gedanken etwas hinterher bummelte und verträumt die Berghänge hinauf schaute, während die anderen bereits Zelte am ersten Lagerplatz aufstellten und ein Lagerfeuer entzündeten. Ich kam in dem Moment dazu, als laute Schreie ertönten und eine Person reglos mitten im Feuer lag.
Stärker könnte eine Feuerprobe wohl nicht sein. Würde ich wieder zurück verfallen, wieder Flashbacks haben, wieder Panik bekommen? Zu meiner Überraschung, was mir jedoch erst im Nachhinein bewusst wurde, dachte ich gar nichts. Ich handelte einfach. Beherzt griff ich nach den Armen, zerrte den Körper aus den Flammen und rollte ihn auf dem Boden, bis das Feuer erstickt war. Einer unserer Gruppe rannte den Berg herunter, die Lilie ging rechts den Waldweg, die Katze links, um den alarmierten Rettungsdienst einweisen zu können, damit er uns auch sicher finden würde. Die anderen unterstützten bei der folgenden Reanimation. Ich hatte mir ein wenig die Haut an den Händen versengt, ansonsten ging es mir gut. Der Rettungsdienst fand uns glücklicherweise recht schnell und der Patient konnte ins Krankenhaus gebracht werden. Wir hofften das Beste und bauten die restlichen Zelte auf.
Abends saßen wir dann auf Klappstühlen im Kreis und spielten Wahrheit oder Pflicht. Hier kam dann die Katze zu ihrem Namen. Am nächsten Morgen brachen wir die Tour jedoch ab und machten uns auf den Rückweg. Den Schneeberg wollten wir ein anderes Mal, dann aber mit allen erreichen.
In einer Katastrophe endete auch der Schwimmkurs, den die Katze extra organisiert hatte. Wir hatten leider keinen genauen Überblick, wie viele dabei waren, wer zum Kurs gehörte und wer nur einfach so gerade im Schwimmbad des AX-Fitness-Centers unterwegs war. Zudem hörte man nicht wirklich auf das, was die Katze erklärte, dabei gab sie sich solche Mühe. Schlussendlich trieben nach den Tauchversuchen plötzlich bewegungslose Körper im Wasser. Einige versuchten, den anderen zu helfen, überschätzten jedoch ihre eigene Kraft und mussten dann selbst aus dem Wasser gerettet werden. Ich schaffte es, einige Leute an den Beckenrand zu ziehen, doch die nassen, schlaffen Personen aufs Trockene zu hieven, dazu fehlte mir die Kraft. Zum Glück waren der alte Hase und einer meiner AX-Media Kollegen da, die mir die Personen abnahmen. Seit meinem ersten Unfall in eben diesem Becken hatte ich fleißig trainiert, denn auf einen weiteren Krampfanfall im Wasser hatte ich keine Lust.
In kürzester Zeit waren auch Feuerwehrtaucher im Becken, um Menschen zu bergen. Leider hatte einer von ihnen anscheinend ein technisches Problem mit der Sauerstoffflasche und wurde selbst bewusstlos. Ich weiß nicht mehr, wie viele Leute wir aus dem Schwimmbecken ziehen mussten. Doch ich kann mich noch an das gestresste Gesicht vom Chefarzt erinnern, der versuchte, das Chaos zu bändigen. Zwischendrin tauchte ein Schwarm Polizisten auf, die einen Taschendieb suchten und noch gar nichts von der MANV-Lage mitbekommen hatten. Kaum hatten sie einen Großteil der Leute nach draußen verwiesen, damit die Einsatzkräfte in Ruhe arbeiten konnten, gab es auf dem Bürgersteig einen gewaltigen Rumms, gefolgt von mehreren Explosionen. Die Druckwelle war bis hinein ins Schwimmbad zu spüren, und alle, inklusive mir, zuckten vor Schreck zusammen. Und draußen? Da ließen die Polizisten die ganze Schwimmgruppe wieder herein, in Sicherheit vor den brennenden Fahrzeugen auf dem Gehsteig.
Hinterher wurde erklärt, dass ein Rettungswagen auf ein Motorrad gerollt war, dieses dadurch explodiert war und den RTW, einen weiteren RTW und einen Polizeifunkwagen in Flammen gesetzt hatte. Drinnen bekam der Chefarzt fast die Krise, da nun plötzlich dringende Transportmittel wegfielen und zudem ein Verletzter mehr versorgt werden musste. Doch es war wirklich ein großes Glück, dass die Explosion draußen nicht noch mehr Opfer gefordert hatte, denn es waren wirklich viele Menschen noch in der Nähe gewesen.
Den Tatendrang unserer Sportgruppe trübte das wenig. Sie trafen sich zum Joggen, grillen oder Autodrom fahren, wobei ich versuchte, ihnen letzteres zu verbieten, da dies immer mit einem Besuch in der Notaufnahme endete. Ich muss jedoch gestehen, dass ich auch schon selbst Autodrom gefahren bin, und es macht halt einfach Spaß.